Am vergangenen Wochenende war ich wieder einmal Teil des DestinationCamp. Zum dritten Mal und zum zweiten als sogenannter Mindmapper mit Moderator Michael Domsalla. Diesmal zum Thema Markenmanagement. Und wieder war es sehr spannend, den Gedankenfluss der Teilnehmer aufzunehmen und daraus ein Bild zu zeichnen. Ein weiteres – mein subjektives Bild – möchte ich hier nun teilen. Es besteht sowohl aus eigenen Gedanken als auch aus Kernaussagen der Teilnehmer.
Mut zur Nicht-Marke
Die Beispiele, die wir zum Thema Markenmanagement hörten, waren meist aus der Sicht einer LMO. Diese begreift sich häufig als Dachmarke. Michael sagte im vergangenen Jahr: „Eine Dachmarke verkauft Marken“. In diesem Zusammenhang gefiel mir besonders der Satz: „Die LMO muss sich als Schatzgräber der Destination begreifen“. Sie muss also die Schätze – sprich die Marken, die da sind – heben und diese stärken. Die LMO gibt dann dem, was da ist einen Rahmen. Dieser Rahmen muss sich aber nicht zwingend in einem Logo manifestieren. Ziel kann es nicht sein, die LMO als Wort- und Bildmarke „auf Zwang“ durchsetzen zu wollen. Denn häufig wird dies – so der Tenor – bei den Partnern so begriffen, als würde die Marke sprichwörtlich aufgezwungen. Dafür ist Überzeugungsarbeit (auch mithilfe von Geld) notwendig. Und wer die leisten muss, der hat schon verloren: Money can’t buy me love. Diesen Satz wiederholte Michael in jeder Session. Und er bringt es auf den Punkt: Die LMO ist Dach der Marke(n), aber nicht zwingend auch Dachmarke.
Wer überzeugen muss, hat schon verloren…
Die LMO muss aber auch gar nicht nach außen als starke Marke auftreten. Sie bildet ihre Stärke nach innen. Denn Gäste reisen gefühlt nicht in Bundesländer. Aber: Bundesländer sind Identitätsräume für ihre Bewohner! Die eigentliche Stärke entfaltet die Marke einer LMO somit nach Innen. Ihre Bewohner identifizieren sich mit dem Bundesland, sie können es verkörpern und mit Leben füllen. Aufgabe der LMO sollte daher die Harmonisierung der Interessensgruppen innerhalb ihrer politischen Einheit sein. Die Destination als Koordinator. Nichts Neues eigentlich. Die Frage, die uns an diesem Wochenende aber beschäftigte war: WIE erreicht man eine solche Harmonisierung?
Goldgräber
Wenn man die Marken des Landes harmonisieren möchte, muss man sie zunächst einmal kennen. Hier suchten wir nach Aspekten, die eine Marke ausmachen und kamen zu einer hierarchischen Anordnung. Denn Marken finden sich zunächst in Produkten, die von den Leistungspartnern angeboten werden. Diese können dann zu verschiedenen Themen gebündelt werden. Wenn dies erfolgt ist, so können die Themen durch den Besuch vor Ort für den Gast zu einem Erlebnis werden. Dieses Erlebnis ist schließlich identitätsstiftend. Es bietet einen Raum der Identifikation – sowohl für Gäste als auch für alle flankierenden und direkten Dienstleister.
Das Wer und Wo
Hat man den Schatz erst einmal erkannt, so muss man sich fragen, welche Akteursgruppen einen Bezug zu diesem haben. Dies kann in einem zweiten Schritt erfolgen, bei dem die Frage zu stellen ist, welche Verfügungsrechte zur Marke jeweils bestehen und durch wen diese abgebildet werden. Dabei identifizierten wir vier zentrale Positionen, die zu einer Marke bestehen können (im Folgenden kombiniert mit der dazugehörigen Frage):
- Wem gehört die Marke? (Besitz)
- Wer hat Verantwortung für die Marke? (Verwaltung/Verantwortung)
- Wer füllt die Marke mit Inhalt, wer definiert die Marke? (Einfluss)
- Wer repräsentiert die Marke? (Multiplikation)
Markensteuerung
Hat man diese Akteursgruppen identifiziert, so kann man deren Verhältnis zur Marke visualisieren. Dies haben wir zunächst mit einer Matrix versucht. Allerdings stellte sich eine Schablone als anschaulicher heraus. Aus dieser können sich insgesamt 16 Positionen ergeben, die dann einzeln analysiert werden können. Wichtig ist es dann, zu einer harmonischen Struktur der Marken und deren Akteursgruppen untereinander zu gelangen. Denn ansonsten „Kannibalisieren“ sich die Marken gegenseitig, was nicht im Sinne der LMO sein kann.
Integrierte Strukturen ermöglichen integrierte Kommunikation
Wenn dieser Prozess vollzogen ist, dann können die Marken nach außen kommuniziert werden. Integrierte Kommunikation bedeutet in diesem Moment integrierte Strukturen – und umgekehrt. Denn nur durch die Mitnahme und Freiwilligkeit aller Beteiligten kann es zu einem integrierten Verständnis der Marke kommen. Harmonisierung der Strukturen ist dann die Harmonisierung der Marke. Die Kommunikationsbemühungen der LMO (im Sinne von Werbung) haben dann eine Basis, die sich mit der internen Sicht auf die Marke deckt. Dadurch können sich alle Akteursgruppen in dem Markenbild wiederfinden. In diesem Moment wirkt Werbung nach innen und nach außen und verstärkt den Prozess der Harmonisierung. Ein sich selbst verstärkendes System also. Dies ist deshalb elementar, weil wir im vergangenen Jahr ein Markenmodell entwickelt haben, welches die Marke als soziale Identität begreift. Dementsprechend kann Markenkommunikation nur dann funktionieren, wenn alle Akteursgruppen bedacht sind…erst dann bietet die Marke einen integeren Werteraum.
Soweit meine (noch ungeordneten) Gedanken. Insgesamt habe ich durch das, was ich oben gerade geschrieben habe wieder eine Menge inspirierende Anregungen und Wissen mitgenommen. Danke an alle, die sich daran beteiligt haben. Ich freue mich schon aufs nächste Jahr – in welcher Form auch immer ich dann teilnehmen werde…die Anmeldung läuft jedenfalls schon wieder 🙂
Lieber Eric, du hast das Geheimnis des guten Bloggens entdeckt 😉 Man öffnet sich der Welt, um seine Gedanken zu ordnen. Das hier ist hochgradig ordentlich. Im Augenblick sehe ich nur zwei Dinge.
1) Einfluß kommt vor Multiplikation, es hat die höheren Rechte
2) LTO können selber Marken sein, wenn sie eine soziale Identität haben, so wie Bayern, trotzdem sind ist die DMO dann „Verwalter“, wobei ich „Begleiter“ der Marke besser finde, aber daran kann man noch arbeiten
Ein so guter Beitrag (statt „Artikel“ oder „Post“) verdient eine gute Antwort auf eine Frage, die jemand anderes gestellt hat, nämlich Daniel Ammersdorffer von Tourismuszukunft (Twit hier: https://twitter.com/Daniel_Amer/status/328484257624363008)
– Tirol ist eine echte Marke im Tourismus, noch über Themen.
– Sylt ist eine echte Dachmarke im Tourismus, ein Lebensgefühlsdach
– Berlin ist eine echte Marke im Tourismus, auch wenn viele dagegen arbeiten, aber Ihre Anziehungskraft ist ungebrochen, bei Urlaubern wie „Zugezogenen“ 😉
– St. Pauli auch, das „kleine, bessere Berlin“, scheint sich aber zu einer kleinen Dachmarke zu entwickeln
Und dann gibt es viele, die Marken sind und auf dem Weg, echt zu werden. Denn das Problem an Daniels Frage ist das Wort „echt“, die Schwester von „authentisch“. Authentisch ist eine Zuschreibung, Authentizität ist ein Verhalten, echt ist, was man ist. In diesem Rahmen kann eine Kultur echt oder falsch sein, Ihre Einwohner aber sind immer authentisch – sie passen nur manchmal nicht so gut dahin und das ist oftmals von großem Vorteil, wenn die Region sich entwickeln will 😉 Alles eine Frage der Kommunikation, des Austauschs. (Die Marke entsteht immer erst, wenn sich etwas weiterentwickelt. In der Kommunikation steckt der Prozeß des Entwickelns – auf der Ebene das Aushandeln von Bedeutung von Werten, daß, was sich in der Kultur widerspiegelt.)
Noch ein Zusatz: die beiden Räder können auch Hotels helfen, eine bessere Marke zu werden, oder Verbänden, oder Veranstaltern. Seine universelle Einsetzbarkeit ist die Grundlage der Harmonisierung von Marken, dem Ziel des Markenmanagement.
Micha, das sehe ich ganz genauso. Also 1. und 2.
Zu 1: Habe ich gleich geändert.
Zu 2: Da sehe ich keinen Widerspruch zu dem, was ich geschrieben habe. Aber es könnte natürlich fehlinterpretiert werden. Daher danke für die Betonung.
Und 3: Ja, die Schablonen sind universell einsetzbar. Nur die Beispiele waren aus LTO-Sicht. Übrigens: LTO ist auch noch mal besser, als LMO…
Wirklich sehr cooler Beitrag – Gratulation !