Im neuen Destination.Report (eine Fachzeitschrift von IC Tourismus), der pünktlich zur ITB veröffentlicht wurde, geht es unter anderem um Google und die Bedeutung für das Destinationsmanagement. Dazu hat mich Stefan Niemeyer ausführlich befragt. Im Anschluss jetzt das Interview.
Welche Relevanz wird Google Plus in Zukunft für Destinationen haben?
Derzeit ist die Relevanz von Google Plus noch überschaubar. Das liegt auch daran, dass ein Netzwerkwechsel meist mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden ist. Denn sowohl die Funktionen als auch die eigene Community muss erst wieder aufgebaut werden. Dennoch denke ich, dass Google an seiner Strategie festhalten wird, durch die Relevanz in den Suchergebnissen Druck auf die Unternehmen auszuüben. Während also bei Facebook die eigenen Freunde eine Sogwirkung erzeugen, sind es bei Google Plus die Unternehmen. Dies bedeutet also im Umkehrschluss, dass die Relevanz von Google Plus in den Suchergebnissen eher zunehmen als abnehmen wird.
Welche Auswirkungen hat die Integration der Google Dienste für Gäste und Destinationen?
Für die Gäste bieten diese Dienste die Möglichkeit, eine Destination schon im Vorfeld zu „erleben“. Denn Videos, Bilder mit Geodaten von Panoramio, Google Street View Anzeigen beim Hotelfinder, usw. verleihen dem intangiblen „Produkt“ Reise eine gewisse Haptik. Für Destinationen bedeutet dies, dass sie zunehmend gezwungen sind eine Webpräsenz aufzubauen. Und zwar im doppelten Wortsinn. Denn einerseits müssen sie alle Kanäle bespielen, die eine Suchmaschinenrelevanz haben und andererseits müssen sie diese auch auf Kommentare von Gästen überprüfen. Für Google selbst hat diese Integration den Vorteil, dass die eigenen Dienste ständig mit Inhalten versorgt werden.
Welche Folgen hat Googles „Search plus Your World“ für Destinationen?
Durch den neuen Algorithmus von Google wird es in Zukunft zwei Arten von Suchergebnissen geben. Zum einen die öffentlichen. Hier in den Topergebnissen zu erscheinen, werden lediglich sehr große Destinationen schaffen. Zum anderen gibt es jetzt aber auch persönliche Suchergebnisse, bei denen lediglich Informationen erscheinen, die innerhalb meines Google Plus Netzwerks geteilt wurden. Dies bietet ein enormes Potenzial für Nischenanbieter. Denn wenn es hier gelingt eine eigene Community zu etablieren, dann kann ich als kleine Destination plötzlich gezielt Relevanz erzeugen. Denn die Suchergebnisse erscheinen genau dann, wenn die Freunde meiner Gäste nach meiner Destination suchen. Das ist „Content in Context“. Ein besseres Empfehlungsmarketing gibt es nicht.
Welcher Rolle spielt Google im Bereich der Customer Journey?
Grundsätzlich bin ich kein Fan von einer Darstellung der Customer Journey, die sich ausschließlich auf digitale Dienste bezieht. Denn das Internet ist lediglich einer – zugegeben entscheidender – Kontaktpunkt innerhalb eines Reiseverlaufs. Es ist aber richtig, dass Google derzeit in der Informationsphase schon eine große Rolle spielt. Durch die zunehmende Dominanz der Google eigenen Bewertungen wird Google auch in der Nachbereitungsphase einer Reise relevant sein. Vor Ort selbst sehe ich im mobilen Marketing aufgrund der unglaublichen Wachstumszahlen großes Potenzial. Im Bereich der Navigation ist hier Google durch seine Kartendienste hier bereits sehr stark. Wichtig wird für Google aber die Verknüpfung zu den Places sein. Diesen Bereich deckt bisher Qype erfolgreich ab. Es ist ein sehr attraktiver Markt für Google, denn hier können durch Anzeigensysteme Erlösmodelle entwickelt werden. Google investiert hier gerade stark in die Technologie der Near Field Communication. Das bedeutet, dass derzeit in einigen Städten in den USA Resturants, Hotels, usw. mit Google Aufklebern ausgestattet werden, die einen NFC Chip beinhalten. Wischt man jetzt mit einem NFC fähigesn Mobiltelefon über ein solches Schild, erhält man sofort den Google Places Eintrag des entsprechenden Geschäftes. Man spricht bei dieser Verknüpfung von Online und Offline auch vom Outernet.
Sind google hotelfinder und google flights Vorboten einer segmentierung der klassischen suche bei google?
Eine Segmentierung kann ich nicht erkennen. Spätestens mit Universal Search hat Google angefangen, seine Dienste zu integrieren. Natürlich ist der Hotelfinder für sich genommen separat. Aber gleichzeitig ist dieser ja über die Google Maps integriert. Ähnlich ist das bei vielen anderen Diensten. Es ist also eher die umgekehrte Entwicklung zu beobachten.
Wie siehst Du die Zukunft der Sozialen Netzwerke insgesamt?
Was man sehen kann ist eine Konvergenz der Netzwerke. Das heißt, Google Plus, Facebook und auch Twitter nähern sich in ihren Funktionen zunehmend an und werden damit austauschbar. Dadurch ergeben sich Chancen für Nischennetzwerke. Auch, weil hier die Informationsflut noch überschaubar ist. Filterfunktionen insgesamt werden denke ich immer wichtiger werden. Der Ansatz von Facebook ist hier, die wichtigsten Neuigkeiten präferiert anzuzeigen. Google lässt hingegen die Kuration durch den Nutzer vornehmen. Diesen Weg finde ich wesentlich eleganter und Google spielt damit seine große Stärke in der Suche aus. Dadurch werden die Inhalte vom den Suchenden in einen Kontext gebracht.
Welche Chancen haben neue Dienste wie Pinterest?
Pinterest finde ich sehr spannend. Allerdings hatte ich noch nicht die Zeit, mich damit eingehender zu beschäftigen. Soweit mein Verständnis jedoch reicht, eignet sich Pinterest auch als Ad-On zu Facebook und co. Das ist der große Vorteil. Und ein Bild sagt ja bekanntlich mehr als 1000 Worte…
Der gesamte Destination.Report ist hier einsehbar:
Ich werde schön langsam zum ernsthaften ERIC HORSTER FAN. Auch dieser Artikel ist sehr einfach und verständlich – ohne Fachgesimpel – perfekte Sache. Ich freu mich auf den nächsten Artikel.