Heute musste ich bei der Diskussion um die Timeline für Fanpages (hier und da) tatsächlich des öfteren ungläubig auf die Antworten gucken. Die dort geäußerten Bedenken gegen die Facebookänderungen sind in meinen Augen nichts anderes, als ein Ausdruck von gefühlter Unmündigkeit. Und diese ist im Zeitalter des Social Web nicht mehr angemessen. Denn zwei Dinge sollte man trennen:
1. Das Regelwerk, in dem die Kommunikation stattfindet. Dieses kann Facebook festlegen. Dann gibt es aber 2. Die Mechanismen des Social Web. Diese bestehen aus den drei Elementen, die Peter Kruse so brilliant zusammengefasst hat: Vernetzungsdichte, kreisende Erregungen und Spontanaktivität. Und auf diese Mechanismen hat Facebook keinen netzwerkübergreifenden Einfluss. Unabhängig davon sehe ich den transparenten Dialog zwischen Unternehmen und Nutzern nicht gefährdet. Im Gegenteil. Aber der Reihe nach. Was hat Facebook eigentlich geändert? Darüber berichtet Mirko Lange ausführlich. Im folgenden gehe ich daher immer nur kurz auf die Änderungen ein. Eher möchte ich die geäußerte Kritik negieren, dass Unternehmen durch die neue Timeline an Transparenz und Authentizität einbüßen. Also dann:
1. Die Trennung von Unternehmens- und Nutzerbeiträgen
Beiträge von Nutzern werden jetzt „nur“ noch in einer separaten Box angezeigt. Bisher wurde pauschal geurteilt, dass die Beiträge der Nutzer nun eine geringere Sichtbarkeit hätten. Ich halte das eher für eine klare Trennung. Klickt man auf die Meldung „alle Anzeigen“ erhält man im Übrigen ein Popup mit allen Beiträgen anderer Nutzer. Die Lesegewohnheiten werden sich dieser neuen Ansicht anpassen. Die Beiträge werden dann wie Bewertungen bei HolidayCheck oder anderen Bewertungsplattformen gelesen werden. Dies fördert also eher Transparenz, als dass es sie verhindert.
2. Beiträge freischalten
Beiträge können jetzt vor der Veröffentlichung unternehmensseitig moderiert, sprich genehmigt oder abgelehnt werden. Nun kann das Unternehmen also selbst entscheiden, ob es den Beitrag zulässt oder nicht. Oder anders gesprochen: Es wird zur Reaktion gezwungen. Unternehmen müssen sich also Handlungsstrategien im Krisenfall überlegen. Und das ist gut so! So oder so wird Zensur ein „heißes Eisen“ bleiben. Denn die Gespräche im Netz sind nicht auf eine Fanpage zu beschränken. Ein Online Diskurs findet immer dispers statt. Er wandert von Netzwerk zu Netzwerk, verstärkt sich oder ebbt ab.
3. Direkte Nachrichten
Und jetzt der Punkt, den ich absolut nicht nachvollziehen kann. Transparenz leidet, weil sich die Nutzer jetzt direkt an die Unternehmen wenden können…??? Es ist eher so, dass nun nicht mehr jeder gezwungen wird, seine Anliegen öffentlich zu machen. Die Definition der Öffentlichkeit im Social Web ist eine Wertefrage und kann nicht auf einer Sachebene für alle gelten oder verboten werden. Daher fördert diese Funktion eindeutig den nutzerseitigen Einstieg in einen Dialog mit dem Unternehmen. Hier wird der Nutzer gestärkt und nicht das Unternehmen! Und für Unternehmen kann die Reaktion der Nutzer auf diese Funktion ein „Wink mit dem Zaunpfahl“ sein, dass im Social Web Service und Beratung angesagt sind und nicht „Wie findet Ihr das Wetter heute?“. Oder anders nach Doc Searls „90% des so genannten Conversational Marketing sind im grunde genommen peinlich“ (Zitat aus der Brand Eins).
Fazit
Unternehmen bestimmen nicht, was Nutzer interessant finden. Daher wird Kommunikation auf Augenhöhe, Transparenz und Authentizität ebenso ein Erfolgsfaktor bleiben, wie echter Dialog. Letzerer sollte sich an den Bedürfnissen der Nutzer orientieren und nennt sich in diesem Fall Service! Märkte sind Gespräche. Aber (Zitat David Weinberger): „Nicht alle Unterhaltungen sind Märkte“. Eine erfolgreiche Strategie muss dies beherzigen…
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