Tourismuscamp 2011: Eine Rückschau

Dieser Konferenzbericht von mir erschien erstmalig in der Zeitschrift für Tourismuswissenschaft (Heft 1/2011, S. 95-97)

Ende Januar 2011 fand das mittlerweile vierte touristische Barcamp in Eichstätt statt. Organisiert wird DAS Barcamp zum Thema Tourismus seit 2008 vom Lehrstuhl für Kulturgeographie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und Tourismuszukunft – Institut für eTourismus. Aber was ist eigentlich ein Barcamp?

Barcamps sind so genannte Unkonferenzen und sollen einen Gegenpol zu klassischen Konferenzstrukturen bieten. Dementsprechend stehen Referenten und Themen vor einem Barcamp noch nicht fest. Vielmehr werden die Sessions direkt vor Ort von den Teilnehmern selbst bestimmt. Dabei muss derjenige, der ein Thema vorschlägt nicht zwingend einen Vortrag ausgearbeitet haben, sondern kann auch als Moderator einer Diskussionsrunde fungieren. Ziel dieser offenen und partizipativen Veranstaltungsform ist dabei ein größtmöglicher Wissensaustausch der Akteure.

Getreu diesem Motto startete das vierte Tourismuscamp in lockerer Athomosphäre mit einer abendlichen Fackelwanderung zur Willibaldsburg, wo für alle Teilnehmer bereits ein ritterliches Essen vorbereitet war. Am zweiten Abend ging es im Brauerei-Gasthof Trompete (Hotel im Altmühltal) feucht-fröhlich zu. Zu betonen ist an dieser Stelle, dass die Verköstigung während der gesamten Zeit von Sponsoren finanziert wurde. Und auch die Veranstalter erhoben keine Teilnahmegebühren.

Geprägt war das Tourismuscamp aber nicht nur von seiner Gastfreundlichkeit, sondern bestach zudem durch inhaltliche Kompetenz der Teilnehmer. Auch in diesem Jahr kamen renommierte Fachleute der Tourismusbranche zusammen, um über das übergeordnete Thema: „Internet und neue Medien im Tourismus“ zu diskutieren. Ein exemplarisches Beispiel für das Potenzial der offenen Veranstaltungsform bot die Einheit „Web-Doktor“, bei der Internetseiten innerhalb von 3 Minuten auf Content, Emotionalität, Usability und Search-Engine-Optimisation (SEO) untersucht wurden. Durch das Expertenwissen der einzelnen Teilnehmer kamen hierbei sehr schnell hochwertige Analysen zustande.

Im Fokus stand aber insbesondere die zunehmende Marktdominanz von Facebook und dessen Auswirkungen auf die touristische Praxis. In diesem Zuge kam auch das klassische Online-Marketing auf den Prüfstand. So waren in allen Sessions Vertreter der „Search“ und der „Social“ Fraktion anzutreffen. Es ging also um die Frage, ob das verfügbare Markteingbudget in die SEO investiert werden soll, um so möglichst viel Traffic auf der eigenen Internetpräsenz zu generieren, oder ob es durch die Etablierung des Social-Web sinnvoller ist, qualitativ hochwertige Kundenbeziehungen aufzubauen.

Diese divergenten Meinungen wurden kontrovers diskutiert. Fraglich ist jedoch, ob die Ansätze überhaupt einen Gegenpol darstellen. Durch die Möglichkeiten von Facebook-Connect können sich Nutzer auf touristischen Webseiten einloggen. Dadurch führen sie ihr Freundschaftsnetzwerk (den so geannten Social Graph) ständig mit. Für touristische Akteure bietet sich durch die Übermittlung der Daten eine zielgruppenspezifische Personalisierung der eigenen Seite.

Auch der Bereich der Location Based Services durch mobile Applikationen wurde aufgegriffen. So wurden die Möglichkeiten von QR-Codes diskutiert. Dies sind viereckige Codes, wie man sie auf Bahntickets bereits kennt. Für die touristische Praxis bietet sich hier die Möglichkeit der Verschmelzung von realer und virtueller Welt, indem Sehenswürdigkeiten kodiert werden und eine virtuelle Information zum jeweiligen physischen Objekt gegeben werden kann. Eine weitere wichtige und diskutierte Funktionen war die von Facebook-Places und Foursquare. Hier checken die Nutzer virtuell an einem bestimmten Ort ein und erhalten dafür Punkte. Zusätzlich werden alle Freunde des Nutzers darüber informiert, wo dieser gerade eingecheckt hat. Tourismusanbieter können dieses virale Marketing unterstützen, indem sie für das Einchecken Anreize in Form von Rabattierungen bieten. Aus Nutzersicht bietet sich der Vorteil zu erkennen, ob andere Freunde bereits in einem Hotel, etc. gebucht haben. Dadurch ist auch die Etablierung eines direkten electronic Word of Mouth Marketing denkbar.

Abschließend lässt sich somit resümieren, dass sich der Wiederspruch des Social vs. Search zunehmend in ein Social Search transferiert. Marketing im Social Web bedeutet daher nicht mehr one2many-Kommunikation, sondern one2friends. Dieser Wandel besitzt eine kulturelle Dimension, dem sowohl die Tourismuswissenschaft als auch die touristische Praxis unterworfen ist. Kommunikationsstrategien müssen demnach langfristig aufgebaut werden, was ein Umdenken erfordert. Werbekampagnen müssen einem Unternehmenswandel weichen, bei dem die Mitarbeiter über Social Media Kanäle Beziehungen zu ihren Kunden aufbauen. Es bleibt abzuwarten, wie die touristische Praxis mit diesem Wandel umgehen wird.

Insgesamt war das vierte Tourismuscamp somit gefüllt mit spannenden Themen und wird sicher auch im kommenden Jahr ein voller Erfolg werden. Mehr Informationen zum Tourismuscamp sind abrufbar unter: www.tourismuscamp.de

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