Dieser Artikel von mir wurde erstmalig am 31. Mai 2011 bei Usabilityblog veröffentlicht.
Der Relaunch der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) ist in den vergangenen Wochen auf geteilte Meinung gestoßen und wurde sowohl positiv als auch negativ besprochen. Die DZT vertritt im Auftrag der Bundesregierung das Reiseland Deutschland im In- und Ausland. Aufgabe ist es also, Reisende nach Deutschland zu bringen. Der Relaunch setzt hier sehr stark auf Emotionalisierung mit fast überdimensionalen Bildern (die allerdings nicht immer zum Inhalt passen). Ich finde diese Herangehensweise gewagt. Sicher werden durch die Bilder auch Assoziationen zu Deutschland als Reiseland ausgelöst. Aber sollte man nicht eigentlich davon ausgehen, dass der Nutzer auch Informationen finden möchte?
Dieser Frage bin ich gemeinsam mit Studenten des Internationalen Studiengangs für Tourismusmanagement (ISTM) an der Hochschule Bremen nachgegangen (an dieser Stelle herzlichen Dank allen Studenten für die Teilnahme). Wir simulierten einen Usability-Test, bei dem wir jeweils ein konkretes Navigationsziel vorgaben, welches innerhalb von fünf Minuten gelöst werden sollte. Die Gedanken wurden von der Testperson während des Prozesses verbalisiert und von drei Protokollanten mitgeschrieben. Die Ergebnisse waren spannend (wenn auch nicht zu vergleichen mit professionellen Laborbedingungen): Die erste Testperson suchte nach Informationen der Frauenfußball WM 2011. Dies gelang ihr über den Menüpunkt: „Specials“. Es konnten zwar weiterführende Informationen zu den Standorten, nicht aber zu den Spielplänen gefunden werden. Ein alternativer Weg über den Menüpunkt „Angebote“ wurde abgebrochen. Nach mehreren Schleifen wurde schließlich dann mit Hilfe des Plenums unten auf der Seite in grauer Schrift ein Hinweis zur Fifa entdeckt. Das Logo (siehe Abbildung) war hier übrigens nicht anwählbar.
Ähnlich erging es den anderen Testpersonen. Informationen über das Oktoberfest wurden zwar entdeckt, die Termine hierzu aber vergeblich gesucht. Eine weitere Aufgabe war es, Informationen zu einer Messe in Hannover zu finden. Die Testperson versuchte es hier über die Freifeldsuche, kam jedoch bei der Eingabe „Messe Hannover“ lediglich auf die Seite der Stadt. Der weiterführende Link wurde auch in diesem Fall nicht entdeckt. Interessant ist, dass keine der Testpersonen die sehr prominent platzierte Kartenfunktion nutzte. Irritationen tauchten zusätzlich dann auf, wenn von einem Unterpunkt zurück zur Hauptauswahl navigiert werden wollte. Denn die Navigation ändert in jeder Navigationsebene ihren Inhalt.
Im Anschluss wurden diese Ergebnisse in der Gruppe diskutiert. Fazit: Um Lust auf Deutschland zu machen, eignet sich die Seite dann, wenn der Nutzer kein konkretes Navigationsziel hat. Wenn die Seite jedoch auch einen informativen Charakter haben soll, dann müssten insbesondere die externen Links sehr viel stärker akzentuiert werden. Zudem sollten im Text sehr viel mehr Links eingebunden werden. Denn dann würde sich ein stimmiges Bild ergeben, bei dem die Seite der DZT lediglich den Einstieg zu anderen Destinationsseiten darstellt. Bisher ist es ein ansprechender Online-Bildband. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.