Dieser Artikel von mir wurde erstmalig am 29. März 2011 bei Usabilityblog veröffentlicht.
Mitte Februar 2011 hat Google seine 2009 gestartete „Social Search“ Funktion erweitert. Doch was bedeutet „soziale Suche“ eigentlich und welche Auswirkungen hat sie auf das Suchmaschinenmarketing? Ich werde versuchen, Ihnen diese Fragen in meinem Beitrag zu beantworten.
Was ist Google’s Social Search?
Google nutzt jetzt bei seiner sozialen Suchfunktion die Login-Dienste von Facebook, Twitter und anderen Netzwerken. Vorausgesetzt, der Nutzer erlaubt die Verbindung zwischen Google und einem sozialen Netzwerk, werden bspw. via Facebook Connect Daten an Google übertragen. Google hat damit Informationen über das Beziehungsgeflecht des Anwenders (Social Graph). Diese Daten nutzt Google nun für die Suchanfragen. Es werden also nicht mehr nur Webseiten ausgewertet. Zusätzlich berücksichtigt Google Meinungen und Erfahrungen aus dem jeweiligen Freundschaftsnetzwerk in Form von Blogbeiträgen, Tweets oder Fotos, die zu den Suchbegriffen passen.
Damit greift Google ein Thema auf, welches im Netz immer prominenter wird: Die Reputation der Suchergebnisse. Nimmt man den Leitgedanken „Teilen ist das neue Suchen“ auf, verarbeitet Google die Daten der Sozialen Netzwerke weiter und ordnet sie für jeden Nutzer individuell. Das Vertrauen in diese Suchergebnisse ist schon allein deshalb deutlich höher, weil es sich um Content aus dem sozialen Umfeld des Suchenden handelt. Man könnte also sagen, dass Google – nachdem die Übernahme von Facebook gescheitert ist – nun wieder auf seine Stärken setzt. Die Suche. Andererseits könnte es sich aber auch um einen neuen und alternativen Versuch handeln, ein eigenes soziales Netzwerk aufzubauen:
Google integriert die bestehenden Sozialen Netzwerke und bringt sie jeweils in den gewünschten Kontext. Damit sind die im Newsstream sonst sehr flüchtigen Informationen noch für lange Zeit auffindbar und relevant. Mehr noch: Es entsteht ein netzwerkübergreifender Newsstream, der vom Nutzer durch entsprechende Suchbegriffe personalisiert wird. Dies könnte zu einem neuen Meta-Netzwerk führen, in das wir uns nicht mehr einloggen brauchen. Es bleibt abzuwarten, wie Google sich hier weiterentwickelt. Die spannende Frage für die Praxis lautet jetzt allerdings:
Was bedeutet Social Search für das Suchmaschinenmarketing?
Eine gewagte These vorweg: SEO wird es in seiner jetzigen Form nicht mehr lange geben. Warum: Es ist zu erwarten, dass Google seine Funktionen in diesem Bereich weiter ausbauen wird. Bereits jetzt erleben wir durch die Integration von lokalen Suchergebnissen einen immensen Wandel. Der klassische Ansatz, durch den Aufbau von viel Content mit entsprechenden Keywords und das pushen des PageRanks durch Verlinkungskampagnen, wird hierdurch bereits massiv beeinflusst. Denn bei lokalen Suchanfragen stehen Einträge von Google Maps mit räumlichem Bezug stets vor den regulären Ergebnissen. Im Social Search steht uns eine ähnliche Entwicklung bevor. Suchergebnisse werden dann neben einem lokalen auch einen persönlichen Bezug haben. Dies hat einen immensen Bedeutungsverlust der klassischen Suchmaschinenoptimierung zur Folge. Unternehmen können also nicht mehr darauf bauen, dass sie durch hohe Investitionen im SEO Einfluss auf ihr Suchmaschinenranking nehmen können. Vielmehr muss es ihnen gelingen, direkt in Kontakt mit ihren Kunden zu treten, um die Marke dort präsent zu machen. Unternehmen brauchen Themen, über die sie sich am Markt positionieren können, damit man mit und über sie diskutieren kann. Das alles kann das Suchmaschinenmarketing in seiner jetzigen Form nicht leisten. Wir erleben also derzeit einen Paradigmenwechsel, bei dem ein passives SEO durch ein interaktives Social Media Marketing abgelöst wird. Für alle, die im Bereich SEO ihr Geld verdienen ist es wichtig, auf diesen Wandel vorbereitet zu sein. Der EdgeRank von Facebook ist dabei ein zentrales Instrument. Dieser Algorithmus ordnet (ähnlich wie bei Google der PageRank) die Facebook Top News. Die Schlussfolgerung darf für die Praxis nun aber nicht in dem Versuch bestehen, diesen EdgeRank zu manipulieren. Es ist sicher wichtig zu verstehen, wie dieser funktioniert. Denn nur so kann eine Sichtbarkeit der eigenen Einträge garantiert werden. Dennoch sollte dies zweitrangig sein. Denn wenn man sich nur auf die Optimierung konzentriert, dann überträgt man die althergebrachte Denkweise auf Social Media. Damit folgt man jedoch einem klassischen massenmedialen Ansatz, der sich an Reichweite und nicht an Relevanz orientiert. Dabei besteht die Gefahr, dass man in eine künstliche Sprache verfällt, die langfristig nicht zu einem echten Dialog mit dem Konsumenten führt und somit auch nicht am Markt angenommen werden kann. Denn eines sollte man bei all dem nicht vergessen: Das Internet wurde zur Kommunikation erfunden und nicht zum Vertrieb.